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Interview




                                            mit Gerhard Proß






                                            ge|halt|voll Gerhard, Was sind       Freundschaft und Begegnung wur-
                                            die Schlüssel für diese gelunge-     de zu einem weiteren Schlüssel.
                                            ne Zusammenarbeit über Kon-          Diese Freundschaft hat zu einer
                                            fessionen und nationale Gren-        Bündniskultur geführt, in der wir
                                            zen hinweg?                          tief miteinander verbunden sind
                                                                                 und auch Gegensätze aushalten.
        Gerhard Proß war langjähriger Leiter   Gerhard Proß: Eine grundlegen-
        des CVJM Esslingen und des deutsch-  de Schlüsselerfahrung am Beginn     Was liegt dir besonders am Her-
        landweiten  Netzwerkes  CVJM-Ver-   von „Miteinander für Europa“         zen?
        bund sowie Leiter des Treffens von   war 2000 die tiefe Versöhnungser-
        Verantwortlichen(TvV). Er ist einer   fahrung zwischen den Konfessionen   Neben den reichen Früchten im
        der Mitinitiatoren von Miteinander   beim Treffen von Verantwortlichen.   Miteinander der Konfessionen war
        für Europa und derzeit Moderator                                         es uns stets wichtig, unsere Gesell-
        des Leitungskomitees.                                                    schaft im Blick zu haben und unsere
                                                                                 Gaben auch dort einzubringen. Das
                                            Diese hat uns motiviert und bei der   7-fache Ja ist ein Ausdruck davon.
                                            Kundgebung ist das, was beim TvV     Natürlich ist Europa ein Thema
                                            2000 im geschützten Raum der         und für uns stand von Anfang an
                                            Gemeinschaften erfolgte, öffentlich   das Ja zu Europa im Vordergrund.
                                            von führenden Vertretern der Kir-    2016 in München, nur wenige
                                            che (Kardinal Kurt Koch, Bischof     Tage nach dem Brexit, wurde das
                                            Frank-Otfried July und Metropolit    „Miteinander für Europa“ m.E.
                                            Serafim) vollzogen worden. Versöh-   geradezu zu einem prophetischen
                                            nung eröffnet Zukunft, lautete die   Zeichen, weil uns dieses Ja zu Euro-
                                            Überschrift über diesem Teil, und    pa in einer Zeit von Nationalismen
                                            genau  darum geht es  uns (Kon-      und Populismus desto wichtiger
                                            gressthema: Begegnung –  Versöh-     geworden ist. Es ist unsere tiefe Er-
                                            nung – Zukunft).
                                                                                 fahrung: Einheit ist möglich. Die
                                                                                 Einheit des Volkes Gottes vor allem,
                                            Wesentliche Schlüsselerfahrungen     aber durchaus auch eine Einheit
                                            gab es neben der obigen eine gan-    Europas.
                                            ze Reihe. Eine davon war die Ver-    Aber diese Einheit ist keine Unifor-
                                            änderung unserer Haltungen. Be-      mität. Es geht nicht um einebnen
                                            reits beim Kongress 2004 unter der   der Unterschiede, nicht um die Ni-
                                            Überschrift „Reichtum entdecken      vellierung auf niedrigstem Niveau,
                                            und teilen“ ging es darum, den       sondern um ein versöhntes Mitein-
                                            Reichtum der anderen Konfession      ander der Verschiedenartigen. Gott
                                            oder der anderen Spiritualität zu    will Vielfalt, doch diese Vielfalt soll
                                            entdecken. Statt zu be- oder gar zu   nicht zur Spaltung führen, sondern
                                            verurteilen, was wir an der anderen   zu einer Symphonie.
                                            Konfession nicht gut finden, haben
                                            wir gestaunt über den Reichtum
                                            und die Charismen, die Gott in die
                                            andere Bewegung hineingelegt hat.







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